Zen im Kloster Dietfurt

Mit der Kirche habe ich schon lange nichts mehr am Hut, aber Klöster haben mich schon immer angezogen. Keine Ahnung warum? Die Ruhe, die Abgeschiedenheit, die Klostergärten, die alten Gelehrten der Klöster? Ich kann es nicht benennen. Mir schwebte ein kleiner Klosterurlaub vor, also setzte ich mich den Computer und verschaffte mir einen Überblick. Wow, es gibt sogar Zen-Meditation im Kloster! Das erschien mir eine gute Idee. Die Wahl fiel auf das Franziskaner-Kloster in Dietfurt an der Altmühl. Warum?

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Erstens hat es ein sehr gutes Preisleistungsverhältnis und zweitens hat das Kloster Dietfurt eine große Erfahrung mit ZEN. Es bietet schon seit 40 Jahren ZEN an. Es ist kein Kloster, das mal eben schnell auf den Burnout-Zug aufgesprungen ist und einfach mal eben ein paar Besinnungstage anbietet. Nein, ein Kloster in dem ZEN gelebt wird.

Der Geist des Alltäglichen ist der Weg

ZEN ist nicht nur einfach eine Meditationstechnik. ZEN ist gelebte Achtsamkeit, auch im Alltäglichen. Der Frieden und die Stille der Meditation soll in das gesamte menschliche Tun hineingetragen werden. Das können wir an den vielen „Disziplinen“ des ZENs entdecken: Z.B. die ZEN-Gärten, die mit größter Sorgfalt, Ruhe und Konzentration angelegt sind oder die Kunst des Ikebana, das meditative Blumenstellen. ZEN ist auch Samu, das heißt arbeiten für die Gemeinschaft, ohne persönliche Ziele zu befolgen. Und ZEN kennt auch Kinhin. Ich liebe es, Kinhin, das meditative Gehen.

Äußere Stille bis die innere Stille aufbricht

Wir aus dem Lärm und der Hektik des Alltags kommend mit unserem Hamsterrad im Kopf, haben es schwer still zu werden. Deshalb ist die äußere Stille ganz wichtig, um auch innerlich leise zu werden. Das Kloster Dietfurt liegt an sich schon in einer stillen Gegend: Kein Verkehrslärm, kein Industrielärm. 5 Tage voller Grillenzirpen und Vogelgezwitscher aus dem Klostergarten. Auch keine Menschenstimmen waren zu hören, außer den Erklärungen der Kursleitung. Es wurde also geschwiegen. Keine Worte, auch nicht bei den 4 gemeinsamen Mahlzeiten am Tag. (Das Essen war übrigens sehr gut, das Gemüse. Der Salat, die Kräuter, der Honig, die Erdbeeren für die Marmelade stammten aus dem eigenen Klostergarten.)

Auch hinter den Klostermauern war es still!

An den Erdbeeren habe ich es kaum vorbei geschafft.

Das Schweigen

Das äußere Schweigen ist ein Hilfsmittel, um zur Ruhe und zu innerer Zentriertheit zu finden und dient dem inneren Schweigen. Das innere Schweigen, der gedankenlose Zustand ist die große Kunst, wie sich in den 5 Tagen herausstellen sollte. Das äußere Schweigen ist leicht und machte auch irgendwie Spaß. Dank der guten und bis ins Detail durchdachten Organisation, saßen wir immer am gleichen Tisch oder in der gleichen Meditationsecke. Eine bewusste Kommunikation mit Körpersprache und eine Kommunikation auf der unbewussten Ebene stellten sich bei mir ein. Mir sind viele Menschen von den 40 Teilnehmern ans Herz gewachsen, ohne mit ihnen auch nur ein Wort gewechselt zu haben. Verbundenheit braucht keine Worte.

Wer sich bewegt hat, sitzt gerne

Hier zeigen sich die 40 Jahre Erfahrung des Meditationshauses und dieser Teil hat mich ganz besonderes begeistert: Zu den 4 bis 5 täglichen Meditationseinheiten, Za-Zen genannt, gab es auch 4 tägliche Bewegungseinheiten. Eine Qi-Gong- und T’ai-Chi-Lehrerin aus Flensburg hat uns mit tollen Übungen jedes Gelenk und jeden Muskel lockern lassen - ein herrliches Körpergefühl schon nach wenigen Tagen.

Abends haben wir mit Bruder Georg gemeinsam getanzt. Ich glaube, der abendliche Tanz im Klostergarten hat uns allen am meisten Spaß gemacht. Die Gesichter der Teilnehmer waren fröhlich und gelassen. Wir durften auch Mitsingen, was die meisten auch lauthals getan haben, die Stimme musste auch aufgrund des Schweigens mal „durchgeölt“ werden.

Ganz ehrlich, ohne die Bewegung hätte ich mich eher durch die 4 täglichen Meditationseinheiten gequält, als einen Nutzen daraus zu ziehen. Ja und dann gab es ja auch noch das Kinhin, die Gehmeditation, die unser Blut in den Beinen nach dem Sitzen wieder zum Zirkulieren gebracht hat.

Zendo

Zendo - der Meditationsraum

Der Rundgang vor dem Zendo!

ZA-ZEN, das Sitzen in Stille mit geöffneten Augen

Die Gedanken zum Schweigen zu bringen, ist die große Kunst. Die wenigen Sekunden, die wir in absoluter Stille tief in das Sein eintauchen, sind das große Geschenk. Das gelang mir zwischen den Gedankenströmen immer wieder. Nachmittags waren allerdings nicht die Gedankenströme meine größte Herausforderung sondern das DÖSEN. Ich bin immer wieder in einen Art Halbschlaf gefallen; Kaffee konnte etwas Abhilfe verschaffen.

1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 8 – 9 – 10. Das Zählen der Atemzüge bis 10 wurde uns als Hilfsmittel an die Hand gegeben, um die Konzentration zu beobachten. Nicht selten habe ich mit ertappt bis 13 – 14 weitergezählt zu haben, anstatt wieder von vorne zu beginnen. Aufmerksamkeit und Konzentration zu lernen ist die erste Stufe des ZEN-Weges und das ist bei mir noch sehr ausbaufähig.

Zazenlinie

Die gelbe Linie ist die Präsens, die Stille, das friedvolle Sein. Man berührt mit seiner Aufmerksamkeit immer wieder diese Linie, bevor man sich wieder in Gedankenströmen verliert oder ins Dösen abtaucht. Es sind meist nur wenige Sekunden, die wir Anfänger auf der Linie halten können. Mit zunehmender Übung verbessert sich das Verweilen in der absoluten Präsens.

Hier genauere Infos zur Sitzhaltung:

Mein Resümee

Die Stille, die Zentriertheit, das achtsame Bewegen, das bewusste Essen haben mir sehr gut getan. Das Leben hat seine tiefe Seite, das SEIN und die Fülle der Einfachheit gezeigt. Ein Ruf aus dem Inneren, den großen Geist jenseits der Gedanken zu erforschen, hat einen deutlichen Nachhall in mir hinterlassen: Ich habe mir ein ZEN-Knie-Bänkchen gekauft damit ich auch Zuhause wie im Zendo sitzen kann.

Hier meine Bewertung des ZEN-Einführungskurses im Kloster Dietfurt an der Altmühl:

Kursleitung

Kursinhalte

Atmosphäre (Räumlichkeiten, Klostergarten, Stille etc.)

Essen

Preisleistung

Zimmer

Matratze 😉

Ja, ja, die harte Matratze, mit ihr bin ich nicht so glücklich geworden….

Die glückliche Heimfahrt: Wie die Achtsamkeit mich vor Schlimmerem bewahrte!

Das Schweigen war gebrochen – Es gab eine herzliche Verabschiedung von der Kursleitung und manchen Teilnehmern. Die Worte, „Ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt“, klangen noch deutlich in mir nach, als ich in mein Auto stieg. Gewohnheitsmäßig drehte ich das Autoradio an, konnte aber den Lärm nicht ertragen und stellte das Gedudel gleich wieder ab. Die Fahrt verlief die ersten 150 km problemlos, bis mir plötzlich das rechte Bein einschlief. Ich beschloss, die Autobahn sofort zu verlassen und nahm die Ausfahrt Crailsheim, die sich gerade vor mir anbot. Die nächste Möglichkeit zu parken, führte mich auf einen leeren Firmenparkplatz im Industriegebiet. Ich stieg aus, um mein rechtes Bein wieder in Schwung zu bringen.

Ein leises „Pssssssssss“ riss mich aus meinen gymnastischen Übungen.

Ich lief lauschend um mein altes Auto und fand die Ursache des „Pssssss“ in einem undichten Ventil des rechten Vorderreifens. Das Gummistück erlaubte es sich, vor meinen Augen platt zu werden. Herzlichen Dank übrigens nochmal an meinen Vorderreifen, dass er so gepflegt auf dem Parkplatz die Luft abgelassen hat. Was hätte alles passieren können, hätte er die Luft bei voller Fahrt auf der Autobahn abgelassen? Und was wäre passiert, wäre ich nicht innerlich so still und achtsam gewesen, hätte ich dann dieses unheimlich leise „Pssssssss“ überhaupt gehört? Oder wäre ich ein paar Kilometer weiter auf der Autobahn geblieben, weil ich die Reaktion meines rechten Beines gar nicht sofort wahrgenommen hätte?

Es war eine Verkettung von äußerst glücklichen Umständen, die mit dem Anruf beim ADAC kein gutes Ende zu nehmen schien: „ Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass wir gerade sehr viele Schadensmeldungen hereinbekommen haben. Sie müssen mit einer Wartezeit von 1-2 Stunden rechnen.“

Die Not mit dem Notrad und der Engel aus Polen

So stand ich dann auf dem verlassenen Parkplatz im Industriegebiet, weit und breit keine Menschenseele an diesem Samstagabend und beschloss: Selbst ist die Frau! Mein erster Reifenwechsel nach 26 Jahren Führerschein. Der Wagenheber war angesetzt, die Schrauben waren mit höchstem Krafteinsatz gelöst, das Notrad war angeschraubt, da nahte die nächste Ernüchterung. Beim Senken des Wagenhebers stellte sich heraus, dass das Notrad ebenso platt war. Es lag ja auch schon 19 Jahre unbeachtet im Kofferraum, ohne jemals eine Luftpumpe gesehen zu haben.

Ich stieß einen Seufzer aus, als ich plötzlich eine Stimme hinter mir vernahm: „Soll ich Ihnen helfen oder schaffen Sie das alleine?“. Ich drehte mich um und sah einen Engel in Gestalt eines polnischen LKW-Fahrers. Seine Diagnose war schnell gestellt: „Sie brauchen ja nur eine Luftpumpe.“ Er lief davon und rauschte mit einem LKW an, der eine Druckluftpumpe mit einem 10 Meter langen Schlauch besaß. Mein Notrad stand sogleich prall in voller Größer vor mir und ich konnte den Heimweg im Schneckentempo (nur 80km auf der Autobahn) antreten.

Ich verneigte mich in Dankbarkeit vor dem LKW-Fahrer, da er meinen Geldschein mit Vehemenz ablehnte: „Ich bin doch ein Menschfreund und helfe gerne. Mir wurde ja auch schon geholfen.“ Ein richtiger Engel halt, dachte ich und bin voll Dankbarkeit nach Hause gefahren. Dankbar über das schöne Seminar, dankbar darüber, wie ich die Lektion der Achtsamkeit, schon lernen durfte und dankbar für das Universum, dass es mich vor Schlimmerem bewahrt hat.

Notrad

Mein aufgepumptes Notrad! Vor einer großen Fahrt unbedingt mal einen Blick darauf werfen, ob es noch genügend Luft hat.

Suchst Du auch ein Kloster für ein Retreat (Rückzug) in Deiner Nähe? Hier ein paar Tipps:

https://www.meditationshaus-dietfurt.de/

http://ich-will-meditieren.de/meditation-in-bayern/

http://www.rueckzug.com/zentren/seminarhaus/

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